Gerichtsverfahren in Belgien

Unsere Anwälte verfügen über langjährige Erfahrung in der Prozessführung in allen Bereichen des belgischen Wirtschaftsrechts. Dabei vertreten wir regelmäßig auch deutsche Mandanten in grenzüberschreitenden Rechtsstreitigkeiten vor belgischen Gerichten. Das belgische Prozessrecht unterscheidet sich in vielen Punkten vom deutschen Prozessrecht. Unsere deutschsprachigen Anwältinnen und Anwälte erläutern Ihnen gerne die Unterschiede zwischen einem deutschen und einem belgischen Gerichtsverfahren.

Grenzüberschreitende Geschäfte bringen leider manchmal auch grenzüberschreitende Konflikte mit sich. Als deutscher Unternehmer können Sie beispielsweise mit Kunden in Belgien konfrontiert werden, die Ihre Rechnungen nicht pünktlich bezahlen. Oft ist es ratsam, bereits bei der außergerichtlichen Geltendmachung einer Forderung in Belgien einen belgischen Anwalt einzuschalten. In der Regel setzen wir den belgischen Schuldner mit einer letzten Mahnung in Verzug (siehe auch Forderungseinzug in Belgien). Kommt der Schuldner der Zahlungsaufforderung auch nach der Mahnung nicht nach, bleibt oft nur der Rechtsweg zu den belgischen Gerichten. Wir leiten dann das Gerichtsverfahren ein und kümmern uns um alle weiteren notwendigen Schritte.

Wir können in ganz Belgien vor Gericht auftreten. Die Verfahrenssprache in Belgien ist Niederländisch (in Flandern) oder Französisch (in Wallonien). Die Gerichte in Brüssel sind zweisprachig, aber es muss immer eine Verfahrenssprache vereinbart werden. Eine Ausnahme bildet der Gerichtsbezirk Eupen, wo die Verfahrenssprache Deutsch ist. Wir sprechen alle Landessprachen und können Sie daher in ganz Belgien vor Gericht vertreten.

Internationale Zuständigkeit der belgischen Gerichte

Eine Klage muss vor dem zuständigen Gericht erhoben werden. Die internationale Zuständigkeit bestimmt, in welchem Staat ein Gericht zuständig ist. Ob ein belgisches Gericht für einen Rechtsstreit international zuständig ist, richtet sich – sofern keine vertragliche Gerichtsstandsvereinbarung getroffen wurde – bei zivil- und handelsrechtlichen Streitigkeiten zwischen deutschen und belgischen Parteien nach den Vorschriften der EuGVVO.

Bei Streitigkeiten mit Auslandsberührung ist grundsätzlich der allgemeine Gerichtsstand am Sitz des Beklagten begründet. Danach muss ein Gläubiger mit Wohnsitz in Deutschland eine Person oder ein Unternehmen mit Sitz in Belgien vor einem belgischen Gericht verklagen.

Neben dem allgemeinen Gerichtsstand sieht die EuGVVO besondere Gerichtsstände vor. Danach kann eine Person, die ihren Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden. In diesem Fall ist auch das Gericht des Ortes zuständig, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Für den Verkauf beweglicher Sachen ist dies der Ort, an dem sie nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen. Für die Erbringung von Dienstleistungen ist dies der Ort, an dem sie erbracht worden sind oder nach dem Vertrag hätten erbracht werden müssen. Darüber hinaus enthält die EuGVVO einige ausschließliche Zuständigkeiten, die den allgemeinen und besonderen Gerichtsstand verdrängen.

Zuständigkeit innerhalb Belgiens

Ergibt sich aus den Vorschriften über die internationale Zuständigkeit, dass ein belgisches Gericht zuständig ist, muss noch die sachliche und örtliche Zuständigkeit innerhalb Belgiens geklärt werden. Diese richtet sich nach dem belgischen Gerichtsgesetzbuch (Code Judiciaire / Gerechtelijk Wetboek).

In Belgien gibt es verschiedene Gerichtsbarkeiten:

  • Gericht erster Instanz (tribunal de première instance / rechtbank van eerste aanleg)
  • Friedensgericht (juge de paix / vrederechter)
  • Unternehmensgericht (tribunal de l‘entreprise /ondernemingsrechtbank)
  • Arbeitsgericht (tribunal du travail / arbeidsrechtbank)
  • Polizeigericht (tribunal de police / politierechtbank)
  • Appellationshof (cour d’appel / hof van beroep)
  • Arbeitsgerichtshof (cour du travail / arbeidshof)
  • Kassationshof (Cour de cassation / Hof van Cassatie)

Die örtliche Zuständigkeit eines belgischen Gerichts richtet sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Schuldners oder dem Sitz der zu verklagenden juristischen Person.

Ablauf eines belgischen Gerichtsverfahrens

Das Gerichtsverfahren in Belgien wird durch das belgische Gerichtsgesetzbuch geregelt. Das Gerichtsverfahren wird durch Einreichung einer Klage beim zuständigen Gericht eingeleitet. Das belgische Recht sieht verschiedene Arten der Klageerhebung vor: In der Regel wird das Verfahren durch Zustellung einer Ladung durch einen Gerichtsvollzieher eingeleitet. Das freiwillige Erscheinen, die kontradiktorische Klageschrift und die einseitige Klageschrift sind Ausnahmen, die nur in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen zur Anwendung kommen.

Die Parteien haben in der Regel die Möglichkeit, ihre Argumente dem Gericht schriftlich durch Schriftsätze vorzutragen. Nach Ablauf der Schriftsatzfristen findet eine mündliche Verhandlung statt. Wie in Deutschland gibt es auch in Belgien die Möglichkeit der einvernehmlichen Beendigung des Rechtsstreits durch Vergleich sowie das Versäumnisurteil bei Nichterscheinen des Beklagten.

Gegen erstinstanzliche Urteile können beide Parteien innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils an die unterlegene Partei Berufung einlegen.

Sobald Sie über ein vollstreckbares Urteil verfügen, unterstützen wir Sie selbstverständlich gerne bei der Vollstreckung. Weitere Informationen hierzu finden Sie unter Vollstreckung in Belgien.

Sicherungspfändung

In besonderen Fällen kann es zur Sicherung eigener Ansprüche erforderlich sein, bereits vor Erlass eines Urteils einstweilige Maßnahmen zu treffen. Hierfür steht in Belgien vor allem die Sicherungspfändung (saisie conservatoire / bewarend beslag) zur Verfügung. Die Sicherungspfändung kann vom Gericht grundsätzlich für eine Vielzahl von beweglichen und unbeweglichen, aber auch immateriellen Gegenständen des Schuldners angeordnet werden. Auch Ansprüche des Schuldners gegen Dritte (z.B. Guthaben auf einem Bankkonto) können Gegenstand der Pfändung sein. Der Schuldner kann dann über die gepfändeten Gegenstände nicht mehr verfügen, sie nicht mehr veräußern, verschenken oder verpfänden. Ein einseitiger Antrag auf Sicherungspfändung wird beim belgischen Vollstreckungsgericht gestellt, das für den Erlass des Pfändungsbeschlusses zuständig ist.

Anwalts- & Gerichtskosten

Bei der gerichtlichen Geltendmachung einer Forderung fallen Gerichts- und Anwaltskosten an. In einem belgischen Gerichtsverfahren trägt grundsätzlich jede Partei ihre Anwaltskosten selbst. Die obsiegende Partei erhält jedoch von der unterlegenen Partei eine pauschale Prozessentschädigung, die sich nach dem Streitwert des Verfahrens richtet.

Gerichtskosten sind alle Kosten, die bei Gericht anfallen, wie z.B. Stempel-, Kanzlei- und Eintragungsgebühren oder Gerichtsvollzieher- und Sachverständigenhonorare. Bestimmte Kosten sind bereits vor Klageerhebung zu entrichten. Die Gerichtskosten werden grundsätzlich der unterlegenen Partei im Urteil auferlegt.

Kontakt

Sie haben Fragen?

Haben Sie Fragen zur Prozessvertretung in Belgien? Zögern Sie nicht, unseren deutschsprachigen Fachanwalt für Handelsrecht Marco Wirtz zu kontaktieren. Per E-Mail an m.wirtz@euregio.law oder telefonisch unter +32 11 29 47 01.